Kündigung einer Vollkaskoversicherung nur durch einen Ehegatten wirksam

von Rechtsanwältin Dr. Manuela Jorzik, Fachanwältin für Familienrecht

Bundesgerichtshof, Beschluss vom ‌28‌.‌02‌.‌2018‌, XII ZR ‌94‌/‌17‌

Sachverhalt:

Die Eheleute haben während der Ehe eine Vollkaskoversicherung für ein auf den Ehemann zugelassenes und von der Ehefrau gefahrenes Fahrzeug abgeschlossen.

Die Eheleute trennen sich.

Die Ehefrau nutzt das Fahrzeug weiter. Der Ehemann kündigt allein die Vollkaskoversicherung.

Die Ehefrau verursacht einen selbst verschuldeten Unfall. Das Auto ist beschädigt. Die Reparaturkosten belaufen sich auf insgesamt 12.601,28 Euro zuzüglich Umsatzsteuer.

Die Ehefrau ist der Auffassung, dass der Ehemann die Vollkaskoversicherung nicht alleine kündigen konnte und fordert die Versicherung zur Zahlung auf.

Entscheidung:

Der 12. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat geurteilt, dass der Ehemann die Vollkaskoversicherung auch mit Wirkung für die Ehefrau wirksam gekündigt hat. Für den Versicherungsfall habe daher kein Versicherungsschutz mehr bestanden.

Nach Auffassung des BGH fällt auch der Abschluss einer Vollkaskoversicherung in den Anwendungsbereich des § 1357 Abs. 1 BGB, sofern ein ausreichender Bezug zum Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360a BGB besteht. Bezogen auf den konkreten Fall stellt der Senat klar, dass der Abschluss der Vollkaskoversicherung ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie im Sinne von § 1357 Abs. 1 BGB darstellt. Bei dem versicherten Pkw hat es sich um das einzige Fahrzeug der fünfköpfigen Familie gehandelt. Wenn daher der Abschluss der Vollkaskoversicherung den Erhalt eines Fahrzeugs für die Familie sichern soll, wird nach Worten des BGH damit auch der Bedarf der Familie, immer ein Fahrzeug zur Verfügung zu haben, im Sinne von § 1357 Abs. 1 Satz 1 BGB gedeckt. Nach Auffassung des Senats ist darüber hinaus auch die Kündigung der Vollkaskoversicherung als von § 1357 Abs. 1 BGB umfasst anzusehen.

Die Ehefrau konnte also keine Erstattung von der Versicherung verlangen.

Praxishinweis:

Mit diesem Urteil hat der BGH zu der umstrittenen Frage Stellung genommen, ob auch der Abschluss von Versicherungsverträgen als Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs i.S.v. § 1357 Abs. 1 Satz 1 BGB anzusehen ist. Der BGH teilt hierbei die Auffassung, dass der Abschluss üblicher Versicherungsverträge unter § 1357 Abs. 1 BGB fallen kann. Entscheidend ist der Bezug des in Rede stehenden Geschäfts zum Lebensbedarf der Familie, weshalb es jeweils auf den individuellen Zuschnitt der Familie ankommt. Ob es sich danach um ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie handelt, hat der Familienrichter für den jeweiligen Einzelfall festzustellen. Der BGH hat hier auch die ebenfalls umstrittene Frage, ob auch die Ausübung von Gestaltungsrechten, wie namentlich die Kündigung, unter § 1357 Abs. 1 BGB fallen kann, bejaht.

Also Vorsicht, wenn der andere Ehegatte einen Versicherungsvertrag kündigt.

Lassen Sie sich beraten.

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